Eines muss man ja neidlos zugeben. Wildkräuter sind in den letzten Jahren auf Expansions-Kurs. Nachdem sie jahrzehntelang stiefmütterlich behandelt wurden, gibt’s seit einigen Jahren kaum eine Zeitschrift, die ohne Wildkräuter-Rezepte die Druckerpresse verlässt. Kein Wunder also, dass es immer mehr Wildkräuter-Einsteiger in Wald und Wiese zieht …

In meiner Kindheit war’s völlig undenkbar, dass der Löwenzahn mehr kulinarische Verwendungsmöglichkeiten hätte als

  • das Kaninchen zu beglücken
  • als Meerschweinchen-Futter zu dienen
  • Komposthaufen-Zuwanderer zu sein

Gut – im ländlichen Raum und in den Alpenregionen hat man den lieben Kräuterleins immer schon mehr Beachtung geschenkt als im urbanen Gegenden. Mittlerweile sind aber Bärlauch & Co längst auch in kleinen und größeren Städten angekommen. Interessanterweise auch in den Gärtnereien, wo ich sehr zu meinem Erstaunen Spitzwegerich, Vogelmiere und kürzlich sogar Löwenzahn in den Verkaufsregalen gesichtet hab. Also das hat mich tatsächlich etwas verwirrt. Doch andererseits gibt es immer mehr Menschen, die in einer Wohnung leben und mangels Garten daher Wildkräuter in „Balkonien“ ansiedeln. Und das find ich dann ja doch wieder mega-cool!

1. Tipp – Konzentriere dich vorerst auf nur drei Pflanzen und mach sie zu deinen „Best friends“

Gänseblümchen
Gänseblümchen

Jaja – ich weiß. Es gibt tausende Pflanzen. Und hunderte, die man problemlos in den Speiseplan einbauen könnte. Wenn du neu im Wildkräuterbereich bist, wirst du vermutlich sofort los starten wollen. Doch man kann sehr schnell überfordert sein, wenn man gleich vom Start weg Bäume ausreissen will. Das Ergebnis ist meist, dass der Schlendrian anklopft und du schließlich vielleicht gar keine Wildkräuter verwendest. Das ist aber nicht das angestrebte Ziel, oder?

Deshalb entspann dich und geh es langsam an. Denn langsam ist besser als „gar nicht“.

An dieser Stelle würd ich gleich mal Löwenzahn, Gänseblümchen (Heilpflanze des Jahres 2017) und Brennnessel (Heilpflanze des Jahres 2022) als ideales Starter-Trio empfehlen. Warum? Ganz einfach, weil diese Pflanzen schon jedes Kind kennt und Verwechslungsgefahren nahezu gegen null gehen.

Sie sind so vielfältig einsetzbar, dass du mit den dreien einen abwechslungsreichen Speiseplan gestalten kannst. Umso öfter du die wilden Schätzchen verwendest, umso kreativer wirst du bei ihrem Einsatz. Nach und nach erweitere dein Kräuterwissen (am besten bei einer Kräuterführung in deiner Gegend, denn du willst ja ernten was in deiner Nähe wächst).

Vielleicht einer deiner Best Friends? Löwenzahn gehört zu den Wildkräutern für Einsteiger

2. Tipp – Wo lassen wir es lieber bleiben?

Grundsätzlich gilt: Nur Kräuter sammeln, die du zu 100 % sicher erkennst. Bei Zweifel gilt: NICHT PFLÜCKEN!!!

Wenn du ein Wildkraut aber mit Sicherheit erkennst, dann gibt’s trotzdem noch ein paar Ausschlusskriterien für die Ernte:

  • NICHT am Straßenrand auf Kräuter-Jagd gehen. Aber ich denke, das muss ich nicht näher erläutern.
  • Außerdem lass dich auch bitte nicht in unmittelbarer Nähe von Feldern zum Ernten verleiten. Dort wird die Feldfrucht gespritzt und es ist unvermeidbar, dass es in die Randbereiche auf die Wildkräuter gelangt.
  • Vermeide auch klassische Hunde-Gassi-Wege. Dort gedeihen Wildkräuter zwar meist phänomenal. Der Grund liegt auf der Hand (Hunde-Pipi ist zwar Bio-Dünger, aber naja, lassen wir das …)

3. Tipp – Wo ist ein gutes „Jagdrevier“ für deine Ernte von Wildkräutern

Nicht jeder verfügt über einen Garten. Darum hier ein paar Ideen, wo ihr sonst noch fündig werdet.

  • Da wär natürlich in erster Linie einmal der eigene Garten, wenn statt englischem Rasen eine bunte Wiese wächst
  • Kein eigens Grün? Dann gibt’s sicher bei den Eltern, Verwandten oder Freunden jemanden, der einen Garten besitzt, wo nicht permanent Unkrautvernichter zum Einsatz kommt.
  • Wildkräuter für Einsteiger lassen sich übrigens auch gut im Topf am Balkon ziehen. Mir sind alle drei der Best Friends „wild“ in verschiedenen Töpfen aufgegangen. Vielleicht ist das ja auch eine Idee für dich?
  • Auf Spielplätzen findet man oft (zumindest im Randbereich) viele Wildkräuter. Dort trampeln Kinder selten herum. Der große Vorteil von Spielplätzen? Es herrscht Hundeverbot und die Gefahr, dass Strolchi und Bello mal kurz das Bein gehoben haben ist kaum gegeben. Freilich gibt’s Ausnahmen, wenn dem Herrchen oder dem Frauchen das Verbotsschild wurscht (österr. für egal) ist. Aber im Großen und Ganzen wird man dort kaum Hunde antreffen.
  • Gleiches gilt selbstverständlich für Freibäder. Mir ist keines bekannt, wo der Hund mit darf. Somit sind auch hier die wilden Kräuter ziemlich geschützt.
  • Auch bei manchen Parks herrscht Wuffi-freie Zone. Mit der Zeit entwickelst du mit Sicherheit ein gutes Auge, um deine optimalen Ernteplätze zu finden.

Wildkräuter für Einsteiger? Dann gehört die Brennnessel auf alle Fälle auch dazu.
Wildkräuter für Einsteiger – da darf die Brennnessel nicht fehlen

4. Tipp – Lerne deine drei Favoriten von allen Seiten kennen

Schau dir deine neuen Freunde mal näher an. Vielleicht sogar mit der Lupe. Beobachte im Jahreskreislauf, wie sie sich verändern. Nach einigen Wochen wirst du in einer Wiese auf den ersten Blick die Blattrosetten der Gänseblümchen erkennen. Dann bist du nicht mehr auf die Blüte als Erkennungsmerkmal angewiesen.

Glaub mir, jede Kräuterfrau hat mal klein begonnen und selbst ich hab lange Zeit nur die Blüten vom Gänseblümchen (Bellis perennis) erkannt. Einfach, weil ich mir die Blätter nie genauer ansah. Bis zu dem Zeitpunkt, als ich sie in meine Salatschüssel beförderte …

Ich kann also ohne zu übertreiben behaupten: Ich hab meine Wiese „zum Fressen gern“. 😉

5. Tipp – Starte mit schnellen und einfachen Zubereitungen

Oft liegt es ja auch am Zeitmangel, dass man Wildkräuter in der Küche nicht verwendet. Halt! Am Zeitmangel? Das lass ich so nicht gelten. Nehmen wir mal als Beispiel Löwenzahn. Der sonnige Frechdachs macht es sich ziemlich oft in schönen Blumenbeeten gemütlich. Eigentlich wollen wir ihn dort ja nicht. Also stechen wir ihn aus. Und trara. Bevor es auf den Kompost geht, überleg doch mal, ob du die schönen saftigen Blätter nicht mit anderen Gemüsearten deiner Salatschüssel bekannt machen möchtest …

Falls der Löwenzahn dann auch grad in Vollblüte steht, umso besser! Denn dann kannst du wunderbares Löwenzahn-Lassi (hier kommst du zum Rezept) damit zubereiten. Dauert nur solang, wie es braucht, um Joghurt, Eiswürfel, eine Banane und eben die gelben Blütenzungen in einen Smoothie-Maker zu werfen. Ich denk, das sollten so um die fünf Minuten sein.

Bliebe noch die Wurzel zu erwähnen, die du ja mit ausgestochen hast! Nun, diese kannst du klein schneiden und trocknen. Dann machst du dir ab und zu eine kleine Tasse Tee damit, über den sich deine Leber und Galle freuen.

Zum Trio der Wildkräuter für Einsteiger gehört natürlich auch das Gänseblümchen. Das kannst du wunderbar in einen fruchtigen Smoothie „einbauen“ (hier klicken) und die Brennnessel landet entweder im Tee oder macht sich gut in einem cremigen Risotto.

Oder du bereitest dir köstliche Brennnessel-Chips zu. Einfach schöne und saubere Brennnesselblätter kurz mit Nudelholz „bearbeiten“. Durch das Drüberrollen brechen die Brennhaare auf und machen die Blätter „ungefährlich“. Danach in einer beschichteten Pfanne in ein wenig Olivenöl knusprig braten (dauert nur 1 oder 2 Minuten) und mit Bergsalz (Ursalz) bestreuen.

Von wegen, keine Zeit für Wildkräuter …

Mit diesen kleinen Tipps, klappt es sicher, den ersten Schritt zum Wildkräuter-User zu machen. Bleibt mir nur noch, viel Freude am Ausprobieren zu wünschen. Und bleib dran, es lohnt sich!